In der Rudolstädter Fußgängerzone werden die Bürgerinnen und Bürger am 20. Oktober 2010 ab 9.00 Uhr von einem Team der Hochschule Heilbronn zu ihren Kfz-Kennzeichen-Wünschen befragt.
Die Ergebnisse dieser Umfrage sollen dann in einer entsprechenden Initiative der Stadt einfließen, mit der man versuchen möchte, die ehemaligen RU-Kennzeichen wieder zu ermöglichen.
Eine Vielzahl deutscher Städte und Gemeinden hat in den vergangenen 40 Jahren ihr Kfz-Kennzeichen verloren. Grund waren die zahlreichen Um- und Neustrukturierungen der Landkreise. Nach Ansicht von Prof. Dr. Ralf Bochert von der Hochschule Heilbronn verzichten diese damit auf ein wichtiges Identitätsmerkmal.
Selbst die wirtschaftliche und touristische Vermarktung gestaltet sich, dem Leiter der Fachgebiete Volkswirtschaftlehre und Destinationsmanagement im Studiengang Tourismusmanagement zufolge, wesentlich schwieriger.
"Städte verlieren mit dem eigenen Kfz-Kennzeichen ein Stück ihrer Außenwirkung. Auch wenn es sich nur um zwei oder drei Buchstaben handelt, entscheidend ist nicht zuletzt die Wertigkeit des Trägermediums. Das Kulturobjekt Automobil erhöht die Bedeutung von Kennzeichen um ein Vielfaches", meint Bochert.
Daher hat der engagierte Wissenschaftler bereits vor Monaten die Heilbronner Initiative "Kennzeichenliberalisierung" gegründet: "Die Wiedereinführung bereits verschwundener Kfz-Kennzeichen ist heute ohne weiteres möglich." Als Modell schlägt er die kostenneutrale Lösung des Main-Kinzig-Kreises in Hessen vor, wo die kreisangehörige Stadt Hanau durch das Kennzeichen HU, das übrige Kreisgebiet jedoch durch MKK repräsentiert wird: "Mehrere Kennzeichen in einem Landkreis sind ein Königsweg, der ein kleinräumigeres Zugehörigkeitsgefühl auch in den großen Kreiszuschnitten ermöglicht und die harmonische Zusammenarbeit auf Kreisebene stärkt." Die Erhaltung von Kennzeichen sei also "keine Frage des Könnens, sondern des politischen Willens", sagt Prof. Dr. Bochert. "Ich sehe, auch wenn das etwas pathetisch klingt, durchaus ein Recht auf den eigenen Namen im Kennzeichen, das den Städten genommen werden soll", so Bochert, "und das man sich als ein wertvolles identitätsstiftendes Symbol sichern kann."
Um heraus zu finden, wie die jeweilige lokale Bevölkerung zu dieser Idee steht, wurden dazu bereits im April und Mai 2010 mehr als 11.000 Personen in 51 deutschen Städten im Rahmen des Projekts befragt. Die Ergebnisse waren: Die große Mehrheit von gut 73 Prozent der Befragten in den Städten äußert den Wunsch zur Rückkehr zu ihrem Altkennzeichen, zwölf Prozent sprechen sich für die Beibehaltung der aktuellen Situation aus. Auffällig stark ist der Wunsch zur "Reform der Reform" in den neuen Bundesländern vorhanden. Je kürzer der Kennzeichenverlust zurückliegt, desto mehr Befürworter gibt es. "Diese Ergebnistendenz in den neuen Bundesländern war zu erwarten. Überraschend ist jedoch, dass zwei Drittel der Befragten in den alten Bundesländern, wo die Gebietsreformen zum Großteil bereits in den 1970er Jahren durchgeführt wurden, ebenfalls zu ihrem Altkennzeichen zurück wollen. Dies zeigt, welche Langfristigkeit und Nachhaltigkeit das Thema hat", so Bochert. Vor allem die deutliche Zustimmung der jüngsten Altersgruppe von 16 bis 30 Jahren fällt auf: Offensichtlich besteht ein eindeutiger Wunsch bei jungen Menschen nach Verortung in Ihrer Stadt. Das detaillierte Ergebnis der Befragung kann bei Prof. Dr. Ralf Bochert per E-Mail an bochert@hs-heilbronn.de angefordert werden. Angesichts der großen Resonanz und der offensichtlichen Relevanz des Themas wurde das Forschungsprojekt nun erweitert: In 30 weiteren Städten wird im Oktober und November 2010 eine Befragung durchgeführt. Bochert: "Wir sind gespannt, ob sich die Ergebnisse bestätigen – gleichzeitig möchten wir unsere Datenlage durch zusätzliche Interviews weiter verbessern."
Die Umfrage soll Städten die Möglichkeit bieten, mit einem eigenen Kfz- Kennzeichen ihrem Markenwert neuen Ausdruck zu verleihen. "Fällt das Votum der Bürger für die Wiedereinführung des alten Kennzeichens positiv aus, wird damit aber nicht die Aufgabenverteilung und die verwaltungsbezogene Einheit der Landkreise infrage gestellt," unterstreicht Bochert. Schlussendlich seien die Entscheidungen, wenn man um den Bürgerwille wisse, dann auf der politischen Ebene zu treffen. In einigen Städten und Bundesländern sei bereits jetzt, wenige Monate nach dem Start des Projekts eine entsprechende positiv-unterstützende Tendenz auszumachen.
Finden Sie schnell und unkompliziert den richtigen Ansprechpartner.