Die katholische Kirche „Schmerzhafte Mutter“ in Rudolstadt feierte gestern ihr 150-jähriges Kirchweihjubiläum. Das Fest war ein bedeutender Meilenstein in der Geschichte der kleinen, aber lebendigen katholischen Gemeinde der Stadt.
Bürgermeister Jörg Reichl überbrachte in einem Grußwort die herzlichsten Glückwünsche der Stadt zum Jubiläum. Er erinnerte an die bewegte Geschichte der Kirche und die Vision des Ministers Herrmann von Bertrab, der im 19. Jahrhundert den Bau der Kirche ermöglichte und den ersten katholischen Pfarrer seit der Reformation nach Rudolstadt holte.
Der neogotische Entwurf des berühmten Paderborner Dombaumeisters Arnold Güldenpfennig schuf ein architektonisches Meisterwerk, das vielen Gläubigen eine geistliche Heimat bot. Die Grundsteinlegung im Jahr 1872 und die Benediktion 1874 waren bedeutsame Ereignisse, die durch den Kulturkampf und die Inhaftierung von Bischof Konrad Martin überschattet wurden. Erst 1882 konnte die Kirche durch Bischof Georg von Kopp geweiht werden. Das Wachstum der Gemeinde nach dem Zweiten Weltkrieg führte 1972 zur Erweiterung der Kirche, und die kunstvollen Fenster von Christoph Grüger sind ein beeindruckendes Zeugnis dieser Erneuerung.
Reichl betonte, dass die Kirche ein Symbol für den Glauben, die Hoffnung und die Gemeinschaft sei, die Rudolstadt ausmachen. Obwohl es in der Stadt nur eine kleine katholische Gemeinde gebe, sei die Bedeutung des Glaubens für diese Gemeinschaft enorm. „Diese Kirche ist ein Ort der Zuflucht, der Hoffnung und der Zusammenkunft – ein Ort, an dem die Menschen Kraft finden, der ihnen Halt gibt in schwierigen Zeiten und Raum zur Besinnung bietet. Gerade in einer zunehmend säkularisierten Gesellschaft, in der Religion oft in den Hintergrund rückt, ist es umso wertvoller, solche Orte zu haben. Orte, an denen das Herz zur Ruhe kommen kann und an denen Gemeinschaft, Freundschaft und Nächstenliebe gepflegt werden“, sagte Reichl.
Pfarrer Georg Schuchardt bedankte sich herzlich bei der Gemeinde sowie allen Helferinnen und Helfern, die die Feierlichkeiten mit viel Engagement vorbereitet hatten.
Den Festgottesdienst hielt Bischof Dr. Ulrich Neymeyr ab, der zu Beginn humorvoll daran erinnerte, dass der Bischof, der vor 150 Jahren die Weihe der Kirche vornehmen sollte, aufgrund des Kulturkampfes inhaftiert war und deshalb nicht anwesend sein konnte. „Ich bin dankbar, heute frei und sicher über die neue Bundesstraße hierher reisen zu können“, scherzte Bischof Neymeyr.
In seiner Predigt ging Neymeyr auf die Bedeutung des Tabernakels und des Ewigen Lichts ein, die in der katholischen Kirche als Symbole für die Anwesenheit Gottes stehen. Diese seien jedoch vor allem Sinnbilder, so Neymeyr. Er betonte, dass die Kirche ein Ort lebendiger Steine sein solle – die Menschen seien es, die die Kirche lebendig machen und durch ihre Gemeinschaft Christus allgegenwärtig halten. „Wir sind dankbar für Kirchen wie diese, doch es ist auch unser Auftrag, sie mit Leben zu füllen“, betonte der Bischof. Besonders erfreut zeigte er sich über das ökumenische Miteinander: Zwar seien Symbole wie das Ewige Licht vor allem in katholischen Kirchen zu finden, doch heiße das nicht, dass Gott in Kirchen anderer Konfessionen nicht gegenwärtig sei. „Gott sei Dank können wir heute die Allgegenwärtigkeit Gottes im ökumenischen Miteinander feiern“, so Neymeyr.
Auch der evangelische Pfarrer Martin Krautwurst war als Gast anwesend und brachte als prägnantes Präsent einen „Bio-Apfel“ aus Meran in Südtirol mit. „Nicht, um Sie zu verführen“, scherzte er, sondern als Symbol: Wie die katholische Kirche in Rudolstadt unter den Christen eine Minderheit in der Stadt sei, so sei er es ebenfalls in seiner vorangegangenen Pfarrstelle in Meran, einer eher katholisch geprägten Region, gewesen. Er betonte jedoch die Gemeinsamkeiten der beiden Kirchen und wünschte: „Gott segne dieses Haus.“
Nach dem Gottesdienst wurde die Feier mit einem Gemeindefest auf dem Kirchengelände fortgesetzt - ganz im Sinne von Neymeyrs Predigt, die Kirche mit Leben zu füllen.