Gotha. Die anstehende Gebietsreform muss die Belange der Kommunalwirtschaft stärker als bisher in den Fokus nehmen. "Die Neugliederung von Kreisen, Städten und Gemeinden wird nicht ohne Auswirkungen für die Stadtwerke im Land bleiben", so der Sprecher des Forums Kommunalwirtschaft Thüringen, Jörg Reichl. Diesem Umstand müsse in der Funktional- und Verwaltungsreform Rechnung getragen werden.
Im Rahmen des 6. Kommunalpolitischen Forums diskutierten am vergangenen Mittwochabend in der Sternwarte Gotha rund 70 Vertreter von Stadtwerken und Kommunalverwaltungen gemeinsam mit Ministerpräsident Bodo Ramelow die Situation und Zukunftschancen der Thüringer Kommunalwirtschaft. Im Klaren war sich die Runde etwa darüber, dass sich mit den Kreis und Kommunalgrenzen mittelfristig auch die Versorgungsgebiete der jeweiligen kommunalen Unternehmen ändern werden. Stadtwerke werden fusionieren, die vor allem im ländlichen Raum aktive Thüringer Energie AG wird mittelfristig Konzessionen in eingemeindeten Orten an Stadtwerke verlieren. "Das ist eine Aufgabe, die das Land nicht auch noch regeln wird", sagte Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) mit Verweis auf die kommunale Selbstverwaltung. Er zeigte sich jedoch optimistisch, dass diese Neuordnung nicht zu Verwerfungen zwischen Stadtwerken und der Thüringer Energie AG führen werde. "Das Verhältnis ist seit der Kommunalisierung der Thüringer Energie AG viel besser geworden. Das müssen wir fortsetzen."
Auch Dr. Gerhard Holtmeier, Vorstand der mit rund 15 Prozent an der TEAG beteiligten Thüga-Gruppe warb in diesem Zusammenhang für eine möglichst enge Kooperation zwischen den einzelnen kommunalen Unternehmen im Land. So könnten gemeinsame Netzwerke für die Erledigung von Geschäftsbereichen gebildet werden. Ziel müsse sein, die öffentliche Daseinsvorsorge zu einem attraktiven Preis anzubieten.
Insgesamt zeigen Studien, dass die Zustimmung des Bürgers zur Kommunalwirtschaft in den vergangenen Jahren gestiegen ist. Weitere Privatisierungen werden abgelehnt. "Doch gleichzeitig entscheidet der Preis der auch von den Kommunen angebotenen Dienstleistungen und Produkte immer noch in hohem Maße darüber, ob etwa Strom vom einem Stadtwerk oder von einem privaten Konkurrenten bezogen wird", so Reichl.
Einig war sich die Runde ebenfalls darin, dass die öffentliche Daseinsvorsorge als Staatsziel ins Grundgesetz aufgenommen werden sollte. Der stellvertretende Präsident des Gemeinde- und Städtebunds, Weimars Oberbürgermeister Stefan Wolf, nannte als einen wichtigen Grund, dass es Kommunen in Haushaltsnotlagen dadurch gestattet würde, in dieser Lage Kredite aufzunehmen und damit weiter in die Infrastruktur und Kommunalbetreibe zu investieren.
Zu Beginn des Kommunalwirtschaftlichen Forums gedachte die Versammlung dem Gründer und Initiator der Vereinigung, Willibald Böck. Er war im vergangenen Sommer überraschend verstorben. "Inwieweit dieses Vermächtnis an Bedeutung gewonnen hat, zeigt sich auch daran, dass erstmals ein Thüringer Ministerpräsident der Einladung gefolgt ist", so Reichl.
Matthias Thüsing
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