"Martin Stiebert liest", so steht es auf den Einladungskarten, mit denen der "Sprechsteller" für seine Lesungen wirbt. Wobei Lesung nicht ganz der passende Begriff ist: Stiebert liest und rezitiert, er analysiert und flicht Anekdotisches ein. Abschweifungen gehören zum Programm.
Martin Stiebert liest, dieser Satz ist zugleich ein Markenzeichen für die Person des "Sprechstellers". Bevorzugt in einem Café sitzend, ist Martin Stiebert täglich bei seiner Lektüre anzutreffen. Geboren 1963 in Dresden, studierte Stiebert Klassische Philologie und Archäologie, Kundtgeschichte und Germanistik in Jena. Nach dem Studium machte er die Liebe zur Literatur zum Beruf. Wer ihn kennt, weiß, dass es wohl eher eine Berufung ist. Der "Sprechsteller" findet sich nicht unter den offiziellen Berufsbezeichnungen. Martin Stiebert hat sich mit dieser Zuschreibung dennoch angefreundet. Sie geht zurück auf Kurt Tucholsky, der diesen Titel dem Wiener Kaffeehaus-Literaten Anton Kuh verlieh. Dieser war dafür berüchtigt, nur unter äußerster finanzieller Bedrängnis Texte zu verfassen. Viel lieber hielt er feurige Stegreif-Reden. Für Stiebert ist Kuh insofern Vorbild, weil er "die Poesie als eine Kunst, die gesprochen werden will" begreift. Gern zitiert er Goethe, der im Westöstlichen Divan sagt: "Wie das Wort so wichtig dort war/ Weil es ein gesprochen Wort war". (alumni.uni-jena.de)
In seiner Lesung am Freitag, 12. Juni, um 19:30 Uhr stellt Martin Stiebert in der Stadtbibliothek Rudolstadt eine Böll-Textauswahl zu den Themen Deutschland, Rheinland und Heimat vor. Auch Passagen aus dem "Irischen Tagebuch" sind Teil seiner Lesung.