Rudolstadt, Kleinstadt in Thüringen, ist in Verbindung mit fremdenfeindlichen Vorwürfen einer Pfarrersfamilie in die großen Schlagzeilen geraten. Das macht viele Bürgerinnen und Bürger des sonst liebenswerten und friedlichen Ortes, insbesondere natürlich die Verantwortlichen an der Stadtspitze, äußerst betroffen.
Jedem sollte bewusst sein, dass es Verhaltensweisen in den Beziehungen der Menschen untereinander oder als Reaktion auf alltägliche Vorkommnisse, dass es noch immer Denkweisen gibt, die intolerant, letztendlich fremdenfeindlich sind. Sicherlich gibt es auch unter den rund 25.000 in unserer Stadt wohnenden Leuten einige, auf die das zutrifft. Rudolstadt ist in Deutschland, egal ob Ost oder West, keine unpolitische Insel der Problemlosigkeit.
Rudolstadt ist aber auch überregional bekannt dafür, dass hier Probleme angepackt werden, dass die Stadt Entwicklungschancen auf wirtschaftlichem, touristischem und insbesondere kulturellem Gebiet kreativ nutzt.
Der von Print- und Funkmedien im In- und Ausland hundertfach bestätigte Ruf der Stadt, weltoffen und tolerant gegenüber Fremden zu sein, ist mit vielen Projekten, internationalen Festivals, besonderen Veranstaltungen und Ausstellungen, unzähligen Aktionen im Alltag von Kindereinrichtungen, Schulen und sozialen Trägern hart erarbeitet worden und nicht nur ,,Fassade" zum alljährlich hier stattfindenden, größten Weltmusikfestival Deutschlands. Auch wenn sich jetzt einige befleißigen, das plötzlich behaupten zu müssen und sich damit selbst intolerant gegenüber den jahrelangen Bemühungen einer Kleinstadt und ihrer sonst sehr gastfreundlichen, friedfertigen Einwohnerschaft zeigen.
In diesem Sinne muss erlaubt sein, in aller Sachlichkeit Erfolge, die auf kommunaler Ebene in der schwierigen Auseinandersetzung mit unbestreitbar vorhandenen, fremdenfeindlichen Denkweisen Einzelner erzielt worden sind, anzuerkennen und der Stadt die Möglichkeit zu lassen, diese Aufgabe ohne blinden Aktionismus fortzuführen.
Der Medienhype, den die Stadt gegenwärtig auf Grund eines geschilderten Einzelfalles aushalten muss, ist da wenig hilfreich.
Bezug nehmend auf den Inhalt der erwähnten Veröffentlichungen, müssen wir als Stadt sagen, dass uns bisher ein fremdenfeindlicher Hintergrund der Probleme von Familie Neuschäfer nicht bekannt war. Es tut uns leid, wenn die Familie die Stadt, aus was für Gründen auch immer, aber offensichtlich im Zorn, verlassen hat. Wir fragen nach, machen uns kundig und haben Frau und Herrn Neuschäfer zu einem vertraulichen Gespräch eingeladen. Wobei sich manches, so hoffen wir zumindest, relativieren könnte.
Frank M. Wagner