"Unglaubliche Arroganz gegenüber unserem Theater"

Kommunale Träger des Rudolstädter Theaters empört über Erfurter Intendanten Die Vertreter der kommunalen Träger des Rudolstädte

Kommunale Träger des Rudolstädter Theaters empört über Erfurter Intendanten
Die Vertreter der kommunalen Träger des Rudolstädter Theaters, Landrätin Marion Philipp, Rudolstadts Bürgermeister Jörg Reichl und Saalfelds Bürgermeister Matthias Graul, reagierten am Mittwoch empört auf ein Interview des Erfurter Intendanten Guy Montavon in der Thüringer Allgemeinen. Montavon sprach sich darin für eine Stärkung der großen Theaterhäuser auf Kosten der kleineren wie Rudolstadt aus. Diese sollten keine eigenen Stücke mehr produzieren, sondern sich fremd "bespielen" lassen.

"Herr Montavon hat offenbar keine Vorstellung davon, was ein Theater für eine Region bedeutet. Hier geht es nicht um die bloße Aufführung von Stücken. Unser Theater mit Orchester ist mit unseren Menschen im Landkreis eng verbunden", so die Aufsichtsratsvorsitzende Landrätin Marion Philipp. Das Orchester probe regelmäßig mit Schülerinnen und Schülern der beiden Musikschulen und gibt gemeinsam mit den Nachwuchsmusikern unter dem Titel "Zukunftsmusik" ausgezeichnete Konzerte. Viele Musiker sind nebenbei Lehrer an den Musikschulen.

Schülerinnen und Schüler des Saalfelder Heinrich-Böll-Gymnasiums haben in diesem Jahr in Zusammenarbeit mit dem Theater mit ihrem Projekt "MySpace" unter 700 Teilnehmern den bundesweiten Wettbewerb "Kinder zum Olymp!" als vorbildliches Kooperationsprojekt gewonnen. Alle zwei Jahre findet in Rudolstadt das Europäische Jugendtheaterfestival statt. Auch das Deutsche Kinder- und Jugendtheaterfestival wählte Rudolstadt bereits zwei Mal als Veranstaltungsort, 2012 soll es erneut hier stattfinden. Seit 17 Jahren gibt es das Rudolstädter Theatertreffen, an dem jährlich rund 150 Nachwuchsschauspieler aus dem Landkreis teilnehmen. Im kommenden Jahr findet erstmals ein Seniorentheatertreffen statt. Die Thüringer Symphoniker geben Konzerte im gesamten Landkreis.

"Diese Beispiele zeigen die eindrucksvolle Ausstrahlung unseres Theaters in die Gesellschaft. Wenn Herr Montavon uns zu einem Bespieltheater degradieren will, zeugt das von einer unglaublichen Arroganz und einem großen Unwissen, was hier künstlerisch geleistet wird", so die Landrätin und die beiden Bürgermeister.

Neben dieser engen Vernetzung sei auch die künstlerische Leistung des Theaters herausragend und brauche keinen Vergleich mit größeren Häusern zu scheuen. "Die Schillergala zum 250. Geburtstag des Dichters hat der MDR bei uns gedreht", erinnert Bürgermeister Reichl. "Die Anti-Depressions-Revue ‚Drunter und Drüber’ unseres Intendanten Steffen Mensching wird mittlerweile auch in Berlin gespielt und wurde auf Arte ausgestrahlt", ergänzt die Landrätin.

Mit dem Verweis auf die demografische Entwicklung des Freistaates und den engen finanziellen Spielraum entlarve sich Montavon als ein Egoist, der nicht über seinen Tellerrand hinausschaut. "Der überwiegende Teil der Thüringer lebt im ländlichen Raum und für diese Menschen müssen wir auch ein kulturelles Angebot vorhalten", ist der Saalfelder Bürgermeister Graul überzeugt. Wenn überall auf dem Land die Lichter ausgingen, würde die Abwanderung aus Thüringen eher verstärkt – die Folgen wären auch in Erfurt zu spüren. "Insofern schießt Montavon mit seiner kulturellen Geisterfahrt ein klassisches Eigentor", so die Landrätin.

Der Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur, Christoph Matschie, habe zur ersten Verhandlungsrunde über die Theaterfinanzierung richtig erkannt, dass sich in der Vergangenheit immer dort Wirtschaft angesiedelt hat, wo eine kulturelle Vielfalt bereits vorhanden war. Philipp, Graul und Reichl sind einer Meinung: "Wir haben beides, und so soll es auch bleiben."

Peter Lahann
Fachdienst Medien und Kultur, Landratsamt Saalfeld-Rudolstadt