Am vergangenen Samstag, den 19. Oktober, versammelten sich zahlreiche Menschen in der Lutherkirche Rudolstadt, um an ein bedeutendes Ereignis zu erinnern, das genau 35 Jahre zuvor dort stattfand. Am 19. Oktober 1989 hatten sich in der Rudolstädter Stadtkirche rund 2000 Menschen eingefunden, um unter dem Thema „Gesprächskreise laden ein – christlich-ethische Verantwortung für unser Land“ die Ideen und Konzepte junger, oppositioneller Gruppen für eine Veränderung der DDR zu hören.
Damals waren die Kirchen zu einem der wenigen Orte geworden, an denen man frei sprechen und Ideen für die Zukunft diskutieren konnte. Während die politischen Führungen der DDR hilflos zusahen, wie Tausende das Land verließen und das Vertrauen der Bevölkerung schwand, bot die Kirche den Raum für den Dialog und die Hoffnung. Dieser besondere Abend in der Stadtkirche, der wegen des großen Zulaufs zwei Mal hintereinander stattfand, markierte einen wichtigen Moment der friedlichen Revolution in Rudolstadt.
35 Jahre später wurde mit einer bewegenden Veranstaltung an diesen Herbst 1989 erinnert. In der Lutherkirche wurden Ton- und Videoaufnahmen von damals abgespielt, die der damalige Jugenddiakon Karsten Christ aus über 25 Stunden Material aufbereitet hatte. Diese wertvollen Dokumente führten die Besucherinnen und Besucher noch einmal zurück in die Zeit, als politische Umbrüche greifbar und eine friedliche Veränderung zum Greifen nah war.
Besonders hervorzuheben war die Übergabe der digitalisierten Ton- und Videoaufnahmen an das Stadtarchiv Rudolstadt. Dr. Hartmut Franz, einst Leiter des Runden Tischs und erster gewählter Bürgermeister nach der Wende, übergab diese historischen Aufzeichnungen an den aktuellen Bürgermeister Jörg Reichl und den Stadtarchivleiter Tobias Zober, wodurch sie nun dauerhaft für die Stadt und ihre Bürgerinnen und Bürger bewahrt werden können.
Bei einer Podiumsdiskussion kamen Vertreter und Akteure von damals zu Wort und erzählten von ihren Erlebnissen und den Eindrücken jener bewegten Zeit. Auch das Bettlaken mit der Friedenstaube, das 1989 den Demonstrationszug durch Rudolstadt anführte, war erneut in der Lutherkirche zu sehen. Es steht als Symbol für den Mut und die Hoffnung der Menschen in einer Zeit, in der der Wunsch nach Veränderung groß war. Rudolstadt hatte damals relativ spät, am 4. November 1989, im Anschluss an ein Friedensgebet seine erste Demonstration erlebt – eine Demonstration, die in die Geschichte der Stadt einging.
Die Veranstaltung am Samstag erinnerte nicht nur an die Vergangenheit, sondern betonte auch, wie wichtig es ist, diese Ereignisse für kommende Generationen lebendig zu halten und die Verantwortung, die aus der Geschichte erwächst, zu übernehmen.