Oliver Weder, Steffen Mensching, Michael Kliefert und Mathias Moersch (v.l.n.r.) auf der Theaterbaustelle. Foto: Friederike Lüdde

Vorschau des neuen Schiller Theaters in Rudolstadt. Foto: SIGMA PLAN ® WEIMAR GMBH

Theater Rudolstadt eröffnet unter neuem Namen

Höhepunkt der kommenden Spielzeit: Schillers „Don Karlos“ als Auftakt im Großen Haus

Rudolstadt/Saalfeld. Zwei große Nachrichten zuerst: Das Theater Rudolstadt wird im Januar 2025 das Große Haus mit dem neu erbauten Zuschauerhaus wiedereröffnen. Und es heißt ab dann nicht mehr Theater Rudolstadt, sondern Schiller-Theater Rudolstadt. Das gab bei der Pressekonferenz (25. April) Intendant Steffen Mensching bekannt. Außerdem kann sich das Publikum in der kommenden Spielzeit 2024/25 unter dem Friedrich-Schiller-Motto „Mein Haus ist offen“ auf 19 Premieren und Wiederaufnahmen freuen, von Schauspiel über Musiktheater bis hin zu Kinder- und Jugendtheater, sowie auf zahlreiche Konzerte.

Die Wiedereröffnung des Großen Hauses wird mit einer Festveranstaltung am 24. Januar und der Premiere von Friedrich Schillers „Don Karlos“ am Tag darauf vonstattengehen. „Die Umbenennung ist mehr als eine höfliche Referenz an den Dramatiker, der durch die Heirat mit Charlotte von Lengefeld zu einem Schwiegersohn dieser Stadt wurde. Es ist das Bekenntnis zu seiner Kunstauffassung, die Theater als moralische Anstalt ernst nimmt und sich an Humanität und Aufklärung orientiert. Wir wissen, dass eine solche Namensleihe Maßstäbe setzt, die nicht einfach zu erfüllen sein werden“, so der Intendant.

Den Auftakt der Spielzeit 2024/25 feiert das Theater Rudolstadt außer der Reihe Open Air mit einer ersten großen Premiere in den Thüringer Bauernhäusern. Der Volksliederabend „Kein schöner Land“ (Premiere: 30.08.2024) von Steffen Mensching und Michael Kliefert beschert dem Publikum das Schönste und Traurigste, was der deutsche Liedschatz zu bieten hat. Vor dem Umzug folgen noch zwei Schauspiel-Premieren im Theater im Stadthaus, zuerst die deutsche Erstaufführung von „Erinnerungen von morgen“ (Premiere 19.10.2024) von François Archambault. Diese Komödie über einen Geschichtsprofessor, der langsam sein Gedächtnis verliert, thematisiert u. a. die Auswirkungen der permanenten Informationsflut auf unsere Gehirne und damit unsere Identität. Danach steht erstmalig in Rudolstadt ein Meilenstein des absurden Theaters auf dem Programm: „Warten auf Godot“ (Premiere 23.11.2024) von Samuel Beckett. Mehr als 70 Jahre nach der Pariser Uraufführung steht immer noch die Frage im Raum: Auf was warten wir, und was hoffen wir? Und wer ist Godot? Ist er Gott, der Tod, oder gar der Friede?

Im Anschluss an Schillers erstes Versdrama „Don Karlos“, mit seiner zentralen Frage nach dem Verhältnis von Staatsraison und Freiheitsrecht des Individuums, gibt es im neueröffneten Großen Haus eine Uraufführung aus der Feder von Steffen Mensching „Engel auf Weltreise“ (Premiere 08.02.2025). Die Revue für drei Schauspielerinnen und Sinfonieorchester beleuchtet die faszinierende Persönlichkeit von Marlene Dietrich, die nach Amerika emigrierte, weil sie die Nazis hasste und mit ihren Liedern und ihrer lasziven Stimme zu einem Weltstar wurde. Eine Koproduktion von Orchester und Schauspiel. „Molière – Der eingebildete Tote“ (Premiere 29.03.2025), eine deutsche Erstaufführung der chilenischen Gegenwartsautorin Nona Fernández, ist ein verrücktes Lustspiel und eine Hommage an die unsterbliche Welt des Theaters. Als Kontrast dazu kommt im Anschluss eine Adaption des Hans-Fallada-Romans „Kleiner Mann, was nun?“ (Premiere 03.05.2025) in einer Fassung von Jan Jochymski auf die Bühne. Der poetische Kern der Geschichte aus dem Berlin in Zeiten der Weltwirtschaftskrise – zwei junge Menschen versuchen, sich von der Niedertracht der Verhältnisse, von Intrigen, Hass und Hetze nicht kleinkriegen zu lassen, berührt bis heute. 

Auch das Musiktheater wechselt nach der Opern-Premiere im Meininger Hof Saalfeld von „Roméo et Juliette“ (Premiere 02.11.2024) von Charles Gounod in einer halbszenischen Variante in Kooperation mit dem Theater Nordhausen zu Beginn des neuen Jahres komplett ins Große Haus. Der Doppelabend „Friedrich/Le Sacre du Printemps“ (Premiere 12.04.2025) des Nordhäuser Ballettdirektors Ivan Alboresi zu Musik von Beethoven und Strawinsky kommt in Begleitung der Thüringer Symphoniker auf die Große Bühne. Er spannt den Bogen über Themen wie Mensch und Natur, Vergehen und Neubeginn, Romantik und Moderne.

Beim Sommertheater auf der Heidecksburg wird „Don Gil von den grünen Hosen“ (Premiere 07.06.2025) des berühmten Mönchschreibers Tirso de Molina aus dem 17. Jahrhundert ist eine furiose Geschlechterkomödie. In der eigens für Rudolstadt erstellten Fassung von Peter Dehler, mit Songs und Musik versehen, ist sie wunderbarster Sommertheater-Stoff. Die Heldin des Stückes, Doña Juana, führt als „Don Gil“ verkleidet so einige Damen und Herren und nicht zuletzt sich selbst aufs Glatteis.

Im Schminkkasten gibt es anlässlich des Erich-Kästner-Jubiläums ein Wiedersehen mit den Sirenengesängen in „Leben ist immer lebensgefährlich“ (Wiederaufnahme 14.09.2024) in teilweise neuer Besetzung. Schwarzer Humor begegnet dem Publikum in der Komödie „Einszweiundzwanzig vor dem Ende“ (Premiere 11.10.2024) von Matthieu Delaporte. Dort klopft der Tod an die Tür und verwickelt einen depressiven Mann in einen aberwitzigen Dialog über Daseinsgründe und die immerwährende Anwesenheit des großen Unbekannten mitten im Leben. Den Abschluss gibt im Schminkkasten mit der deutschen Erstaufführung von Sébastien Castros „Eine geniale Idee“ (Premiere 15.03.2025) eine turbulente Doppelgänger-Komödie, in der ein Mann alles tut, um seine Beziehung zu retten. Das Stück gewann 2023 zu Recht den „Prix Molière“.

Im Bereich des Kinder- und Jugendtheaters kooperiert das Theater Rudolstadt weiterhin mit dem Landestheater Eisenach. Mit „Junge Choreografen“ (Premiere 11.09.2024) – Ballette von Tänzerinnen und Tänzern des Ensembles – steht für alle ab elf Jahren erstmals Tanztheater im Programm. Bekannte Titel folgen u. a. mit „Bei der Feuerwehr wird der Kaffee kalt“ (Premiere 20.09.2024, ab 4 Jahren) und „Die kleine Hexe“ (Premiere 8.06.2025, ab 6 Jahren). Eigenproduktionen des Theaters Rudolstadt sind das große Weihnachtsmärchen „Hase und Igel“ (Premiere 03.11.2024, ab 5 Jahren), die Wiederaufnahme des Theaterkonzerts „Peter und der Wolf“ (Wiederaufnahme 01.05.2025, ab 5 Jahren) und nicht zuletzt das beliebte Kinderliederkonzert „Stürmische Gesellen“ (Premiere 16.10.2024) ab drei Jahren. Der TheaterJugendClub widmet sich mit der neuen Eigenproduktion „Blackout“ (Premiere 03.04.2025, ab 12 Jahren) aus der Feder von Theaterpädagogin Friederike Dumke dem selbstgewählten Thema „Ängste“.

Eine Konzertsaison, die sich zwischen Hergebrachtem und Liebgewonnenem und musikalischem Neuland bewegt, kündigen die Thüringer Symphoniker 2024/25 an. Sie bleiben mit ihren Sinfoniekonzerten im Meininger Hof Saalfeld und lassen spektakuläre Werke wie Samy Moussas „Elysium“ oder den „Earth’s Song“ von Rolf Gupta oder in der Überraschungs-Reihe „Carte Blanche“ erklingen. Das Publikum erwartet einen Abend mit Werken komponierender Frauen, einen anderen mit Gustav Mahlers 1. Sinfonie, einem sinfonischen Schwergewicht. In den Schlosskonzerten geht es in die Welt jemenitischer, sephardischer und jiddischer Lieder oder trifft Johann Sebastian Bach auf Bandoneon. Das traditionelle Silvesterkonzert huldigt unter dem Motto „Ungeküsst sollst du nicht schlafen gehen!“ schönsten Melodien aus Tonfilm und Operette. Mit einer neuen Reihe Familienkonzerten zu Fasching und Ostern wollen die Thüringer Symphoniker verstärkt junges Publikum für Klassik begeistern.

Das Einspielergebnis im Jahr 2023 betrug rund 900 TEUR. Das ist ein deutlicher Zuwachs im Vergleich zum Vorjahr mit rund 725 TEUR. Dennoch ist das Einspielergebnis aus der Zeit vor der Pandemie noch nicht wieder erreicht.

Die planmäßige Erhöhung der Zuschüsse der wirtschaftlichen Träger und des Freistaates ist in vollem Umfang in den gestiegenen Personal- und Sachkosten aufgegangen. Auch muss erwähnt werden, dass mit dem Jahr 2023 und durch eine überproportionale Erhöhung der Zuschüsse des Freistaates Thüringen erstmals und seit vielen Jahren wieder eine Finanzierungsgerechtigkeit für das Theater Rudolstadt herstellt ist. Nunmehr beiliegt sich der Freistaat Thüringen wieder mit 50 Prozent an der Gesamtfinanzierung.

Auch wenn die neue Finanzierungsperiode für alle Thüringer Theater und Orchester erst ab 2025 gilt, erhalten alle Beschäftigen des Theaters seit 1. März 2024 tarifliches bzw. tarifvergleichbares Entgelt. Ab dem 31. Juli 2024 gilt auch für die Thüringer Symphoniker der Flächentarif. „Dies ist für unser Theater ein bedeutsamer Schritt, da damit die sehr lange Zeit mit Haustarifen, einhergehend mit erheblichen Entgeltverzicht, bald der Vergangenheit angehört“, so Verwaltungsdirektor Mathias Moersch. „Der Dank hierfür gebührt unseren wirtschaftlichen Trägern, aber auch dem Freistaat Thüringen.“ Erst mit der Einführung der Theater- und Orchesterpauschale ist dieser Schritt möglich geworden.

In der zurückliegenden Spielzeit 2022/23 konnte das Publikum 433 Vorstellungen (VJ 327) erleben, was rund 66.000 Besucherinnen und Besucher (VJ rund 42.000) genutzt haben. Damit liegen die Vorstellungs- und Besucherzahlen noch nicht wieder auf dem Niveau vor der Covid-19-Pandemie, aber ein deutlicher Aufwärtstrend ist zu erkennen.

Für die kommende Saison ist seit langem wieder eine geringfügige Anpassung der Eintrittspreise geplant, womit das Theater auf die generell gestiegenen Kosten reagiert.

Auf der Theaterbaustelle sind gegenwärtig viele Ausbaugewerke tätig. Der Baukörper ist schon seit geraumer Weile dicht, sodass zügig die Installationsarbeiten der Gewerke Elektro, Heizung, Klima und Sanitär erfolgen können. Der nächste Meilenstein werden die Estricharbeiten sein. Parallel dazu wird der Aufbau der Podeste für die Sitzreihen vonstattengehen. Verwendet werden die bisherigen Stühle. So können auch die damaligen Stuhlpaten „ihren“ Stuhl wiederfinden. Die Platzkapazität wird auf 275 Plätzen (zuvor 264) erhöht, ebenso die Anzahl der Rollstuhlplätze von zwei auf vier. Durch eine veränderte Anordnung der ersten beiden Reihen wird Rücksicht auf Besucherinnen und Besucher genommen, die nicht mehr so gut zu Fuß sind. Für Mitmenschen mit Hörbehinderung ist der Einsatz einer Hörschleife geplant, wobei deren Inbetriebnahme zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen wird. Zuvor ist die für die Eröffnung notwendige Theatertechnik auf der Bühne und im Zuschauerraum einzubauen. Einen großen Teil dieser Arbeiten werden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Theaters parallel zum laufenden Theaterbetrieb selbst übernehmen.