Foto: Lisa Stern

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Theater Rudolstadt präsentiert Spielplan mit 22 Premieren und noch mehr Konzerten

„Ihr seht nur nicht die Mauer, die uns einschließt …“ Unter dieses Motto von Friedrich Schiller aus „Maria Stuart“ stellt das Theater Rudolstadt die umfangreichen Vorhaben der Spielzeit 2019/20.

„Ihr seht nur nicht die Mauer, die uns einschließt …“ Unter dieses Motto von Friedrich Schiller aus „Maria Stuart“ stellt das Theater Rudolstadt die umfangreichen Vorhaben der Spielzeit 2019/20. Zu einer Zeit, wo an vielen Orten der Welt wieder Mauern emporgezogen werden, lenkt es den Fokus auf das euphorische Datum des Mauerfalls vor 30 Jahren am 9. November 1989: mit der Uraufführung der Boulevardkomödie „Hilfe, die Mauer fällt!“ (16.11.2019, Regie: Matthias Thieme) von Karsten Laske und einer großen Festveranstaltung (9.11.2019) mit den Thüringer Symphonikern, für die sich die Chöre Saalfelds und Rudolstadts vereinen. 21 weitere Premieren im Schauspiel, Oper und Ballett, Kinder- und Jugendtheater sowie eine bunte Vielfalt an Konzertformaten bestimmen den gewohnt breit aufgestellten Spielplan der kommenden Saison – vorgestellt von Intendant Steffen Mensching, Chefdramaturg Michael Kliefert und Musikdirektor Oliver Weder. Das beliebte Sommertheater auf der Heidecksburg gibt es erstmals auch für Kinder. Vom 25. Juni bis 11. Juli wird „Das Dschungelbuch“ (Regie: Robert Neumann) mit insgesamt acht Aufführungen für Kindergärten, Schulen und Familien zu erleben sein. Bei Zuschauerzahlen und Auslastung zieht Verwaltungsdirektor Mathias Moersch eine konstant positive Bilanz und gibt einen Zwischenbericht zur Sanierung des Großen Hauses.

„Es ist so eine Sache mit den Mauern“, wie Steffen Mensching betont. „Man verachtet sie, wenn sie den Weg versperren und dankt ihnen, wenn sie Schutz bieten.“ – eine Dialektik, die jeder, der den Mauerfall erlebt hat, für sich zu beantworten weiß. Dennoch seien Trennungen zwischen Menschen nur auf den ersten Blick gegenständlich, so Mensching, „die wirklichen Barrieren sind strukturell und mental, Ausdruck gesellschaftlicher Verhältnisse: Eigentumsverhältnisse, Machtkonstellationen, auch kulturelle Vorurteile gehören dazu.“ In diesem Sinne greift der Rudolstädter Spielplan Themen auf, die – ob als Tragödie, Komödie oder Oper – zentrale Vorgänge in der Gegenwart in den Blick nehmen. Chefdramaturg Michael Kliefert ergänzt, dass das kleine Rudolstädter Theater erneut zeige, wie es „große Stoffe der dramatischen Weltliteratur in anspruchsvollen Inszenierungen auf die Beine stellen kann“ und so im Konzert der Thüringer Bühnen einen „unverwechselbaren wie unverzichtbaren Platz einnimmt“. Die vielen Zuschauer über Rudolstadt, Saalfeld und die Region hinaus sowie die positive Annahme der Schauspielinszenierungen in Eisenach „untermauern diese Einschätzung“, so Kliefert.

SCHAUSPIELPREMIEREN IM STADTHAUS
Gerhart Hauptmann revolutionierte mit seinem Stück „Vor Sonnenaufgang“ (21.9.2019) vor 130 Jahren die Theaterwelt. Dem österreichischen Autor Ewald Palmetshofer gelingt mit seiner Neubearbeitung eine atmosphärisch dichte Beschreibung der polarisierenden Tendenzen und Gräben unserer Gegenwart. Die Inszenierung von Jens Schmidl eröffnet als Premierenauftakt die Schauspielsaison im Stadthaus.
„Hilfe, die Mauer fällt!“ von Karsten Laske will nicht nur an die revolutionäre „Wende“ vor 30 Jahren erinnern, sondern zugleich in satirischer Manier auf die Verteilungskämpfe um Wohlstand und persönliche Zukunft im Einigungsprozess aufmerksam machen. Innere Spaltung und kriegerische Konflikte bringen die „westlichen“ Gesellschaften heutzutage in vielerlei Zerreißproben – ein Vorgang, der schon in Shakespeares Tragödie „Hamlet“ (25.1.2020) den Helden verzweifeln lässt. Alejandro Quintana will mit seiner Inszenierung des berühmten Stoffes untersuchen, in wieweit sich eine Gesellschaft ihr eigenes Grab gräbt und alle Alternativen chancenlos scheinen. Einen bittersüßen Abgesang auf die Moral schuf Bertolt Brecht mit seiner legendären „Dreigroschenoper“ (28.3.2020), in der er die auffällige Parallelität jener Taten von Geschäftsmännern und von Verbrechern in einer kapitalistischen Welt erlebbar macht. Vom Publikum seither vor allem wegen seiner schmissig-verruchten Songs von Kurt Weill weltweit gefeiert, kommt die „Betteloper“ in Rudolstadt inszeniert von Mario Holetzeck samt Team (bekannt durch „Der Prozess“ in der vergangenen Spielzeit) auf die Bühne.

SOMMERTHEATER
Auf der Heidecksburg gibt es erstmals in dieser Spielzeit zwei Sommertheaterpremieren, eine für Erwachsene und eine für Kinder. Woody Allens hintersinniger Kinohit „Eine Mitternacht-Sex-Komödie“ (13.6.2020) über das Paarungsverhalten der Großstädter begeisterte in den 80er Jahren ein Millionenpublikum. In der Regie von Philipp Besson und ausgestattet von Henrike Engel (beide hatten in der letzten Spielzeit an Ort und Stelle die künstlerische Leitung von „Die spanische Fliege“) geht’s auch auf der Open-Air-Bühne ab in die Sommerfrische. Der Kinderbuchklassiker „Das Dschungelbuch“ (25.6.2020, Regie: Robert Neumann) über den kleinen Jungen Mogli, der zwischen den Tieren mitten im Urwald lebt, erzählt eine Geschichte des Aufwachsens zwischen den Welten. Mit zahlreichen Liedern, Abenteuern und wilden Verfolgungsjagden schafft das Stück vor allem eines: gute Laune für die ganze Familie!

SCHAUSPIELPREMIEREN IM SCHMINKKASTEN
Im Schminkkasten gibt es auch in der neuen Spielzeit ein Wiedersehen mit einem deutschen Wortakrobaten. Das Künstlerduo Alexander Stillmark/Volker Pfüller widmet sich in „Leben ist immer lebensgefährlich“ (7.9.2019) dem humorvollen Moralisten Erich Kästner. Die langjährige Diseuse und Grande Dame des Rudolstädter Theaters, Uschi Amberger, tritt mit einem neuen Programm vor ihr Publikum: „Vorwiegend heiter“ (18.10.2019), ein altersgerechter Wetterbericht. An ihrer Seite diesmal neben Thomas Voigt am Klavier auch Heidemarie Förster-Stahl, ehemals Dramaturgin am Theater. Wer ehrlicher Weise schon einmal mit dem Gedanken gespielt hat, seinen Partner loszuwerden, bekommt mit „Das letzte Mal“ (1.11.2019, Regie: Nicole Felden) die richtigen Argumente geliefert. Der Liebesthriller von Emmanuel Robert-Espalieu verspricht abgründige Unterhaltung und schwarzen Humor vom Feinsten. Legendäre Komikerduos gibt es viele. Auch Willie Clark und Al Lewis, die »Sunny Boys« (1.2.2020, Regie: Markus Fennert) in Simons Komödie, sorgten für volle Kassen. Jetzt sind sie alt und im Ruhestand, was ihrer Hassliebe aufeinander aber keinen Abbruch tut – ein charmant-witziger Blick hinter die Kulissen des Showbusiness. Mit einer Hommage an einen großen deutschen Schauspieler und begnadeten Sänger endet die Spielzeit im Schminkkasten: Der Manfred-Krug-Liederabend „Du bist heute wie neu“ (21.3.2020, Regie: Reiner Heise) ist ein Wechselbad von zarten Tönen und packenden Grooves, durchweht von einer Brise anarchischen Humors.

MUSIKTHEATER
Die Musiktheatersaison hält in Kooperation mit dem Theater Nordhausen zwei Meilensteine der Opernliteratur parat: „Hänsel und Gretel“ (12.10.2019, Szenische Einrichtung: Anette Leistenschneider) von Humperdinck und Puccinis exotisch-melodramatische „Madama Butterfly“ (4.4.2020, Szenische Einrichtung: Anette Leistenschneider). Ersterer ist gerade in der Vorweihnachtszeit für Kinder und Erwachsene der gemeinsame Einstieg in die Welt der Oper schlechthin. Erneut ein großes Handlungsballett präsentiert das Ballett TNlos! aus Nordhausen mit Prokofjews „Cinderella“ (11.1.2020) in der Choreografie von Ballettdirektor Ivan Alboresi. In Kooperation mit dem Lyric Opera Studio aus Weimar darf sich das Publikum auf eine Neuinszenierung von Mozarts „Don Giovanni“ (15.2.2020, Inszenierung: Damon Nestor Ploumis) freuen.
Zwischen Konzert und Musiktheater changieren zwei weitere spannende Projekte der neuen Spielzeit: Gleich im 1. Sinfoniekonzert der Thüringer Symphoniker (27./28.9.2019) erklingt in halbszenischer Aufführung Tschaikowskys und Schillers „Die Jungfrau von Orleans“ als eine Kooperation zwischen dem Theatre Music Hall St. Petersburg und dem Northern Symphony Orchestra im Rahmen der „Russischen Saison in Deutschland“. Im Meiniger Hof sind Orchestermusiker, Chor und Solisten der Ostseemetropole zu Gast. Auch das 2. Schlosskonzert überrascht mit einer selten gehörten Oper in halbszenischer Version und Kostümen: „Marc’Antonio e Cleopatra“ von Johann Adolph Hasse unter der musikalischen Leitung von Gerd Amelung.

KINDER- UND JUGENDTHEATER UND -KONZERT
Das Kinder- und Jugendtheater wird zu großen Teilen von der Kooperation mit dem Landestheater Eisenach bestimmt. Aus der Wartburgstadt kommen „Der kleine Angsthase“ 4.10.2019, Regie: Stephan Rumphorst) nach dem beliebten Kinderbuch von Elizabeth Shaw, „Geheimcodes“ (7.11.2019, Regie: Christine Hofer), ein Jugendstück über Coming-outs von der jungen dänischen Autorin Simone Isabel Nørgaard, Schillers „Kabale und Liebe“ (19.2.2020, Regie: Christine Hofer) und Ulrich Hubs „Nathans Kinder“ (27.5.2020, Regie: Franziska Marie Gramss).
Eigenproduktionen des Theaters Rudolstadt sind hingegen „Das Dschungelbuch“, das Weihnachtsmärchen „Frau Holle“ (2.11.2019, Regie: Kristine Stahl) von Martin Baltscheit nach den Brüdern Grimm und „Alice im Wunderland“ (21.2.2020, Regie: Friederike Dumke) als neue Produktion des TheaterJugendclubs, sowie die Wiederaufnahme des beliebten Theaterkonzerts „Peter und der Wolf“ (20.3.2020, Regie: Susanne Olbrich) mit den Thüringer Symphonikern und den beiden Puppenspielern Susanne Olbrich (TheaterFusion) und Peter Lutz. In der Reihe der Kinderliederkonzerte für Kinder ab drei Jahren ist der Koffer vollbepackt mit Liedern und Tänzen aus Europa.

KONZERTPROGRAMM
Höhepunkte im Sinfoniekonzert-Programm der Thüringer Symphoniker Saalfeld-Rudolstadt versprechen Gastsolisten wie die albanische Geigerin Ervis Gega, Valentino Worlitzsch, Solocellist des hr-Sinfonieorchesters, und die junge Erfurter Pianistin Katharina Treutler. Der 250. Geburtstag Ludwig van Beethovens findet im 4. und im 8. Sinfoniekonzert mit Solokonzerten und einer großen Sinfonie seine Beachtung. Einen Russland-Schwerpunkt gibt es im 7. Sinfoniekonzert, argentinischen Tango im 6. Sinfoniekonzert. Mit einem Blick gen Kulturmetropole Wien wird im diesjährigen Silvesterkonzert „Alles Walzer“ (31.12.2019, 15 und 19.30 Uhr) mit Melodien von Lehár, Strauß und Co ausgelassen gefeiert. Der Kartenvorverkauf startet zum Theaterfest am 8. September 2019. Anlässlich des Mauerfalljubiläums mischen die Thüringer Symphoniker bei einem großen Festkonzert (9.11.2029, 15 Uhr Stadtkirche Rudolstadt, 19.30 Uhr Johanneskirche Saalfeld) mit, wo unter Beteiligung der Chöre Saalfelds und Rudolstadts Beethovens „Ode an die Freude“ erklingt. Beim Weihnachtskonzert „Weihnachten in der DDR“ bestimmen u. a. Kompositionen ehemaliger Kapellmeister wie Franz Chlum oder Toni Steidl, typische Lieder und Texte und natürlich die Musik aus „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ das Programm.
Eine feste Größe ist längst der festliche Orchesterball der Thüringer Symphoniker geworden. Am 25. April 2020 wird nun schon zum fünften Mal bei „Frühlingsrauschen“ zu Tanz und Unterhaltung in die Stadthalle Bad Blankenburg eingeladen. Die Schlosskonzerte leihen komponierenden Majestäten wie Friedrich der Große ihr Ohr oder entführen in die „Pariser Klassik“. Nicht fehlen darf in jeder Saison die „Zukunftsmusik“ (12.6./13.6.2020), das Gemeinschaftskonzert mit den Musikschulen der Region – ein wichtiges Projekt, dessen Bedeutung als Türöffner zu klassischen Konzerten nicht hoch genug eingeschätzt werden kann.

BILANZ
Für die Spielzeit 2017/18 zieht Verwaltungsdirektor Mathias Moersch eine positive Bilanz. Bedingt u. a. durch Beginn der Kooperation mit dem Landestheater Eisenach ist die Anzahl der Aufführungen von 478 (2016/17) auf 493 Aufführungen gestiegen. Zudem gab es ein Plus bei den Gesamtbesucherzahlen von etwa 5400 auf nunmehr rund 89.000. Die Auslastung liegt an den hiesigen Standorten bei konstanten 84% (im Vergleich 84% im Vorjahr). Höhepunkte waren das Silvesterkonzert mit insgesamt 2100 Besuchern (Auslastung 100%) Sommertheater „Die spanische Fliege“ mit 5400 Besuchern (Auslastung 90%) und das Weihnachtsmärchen „Hänsel und Gretel“ mit 8500 Besuchern (Auslastung 95%). Aber auch „Der Meister und Margarita“ sahen innerhalb weniger Monate 3500 Zuschauer (Auslastung 85%). Eine 100%-Auslastung erreichten u. a. „MMM – ein heiteres Beruferaten“ sowie gleich mehrere Sinfoniekonzerte.

THEATERSANIERUNG
Bei der Sanierungsmaßnahme im Rahmen des „Kulturellen Hilfsprogramms – Hochwasser 2013“ wurden Anfang des Jahres die vom Bund und Land gewährten Fördermittel von rund 9.2 Mio. Euro um 4.315 Mio. Euro erhöht (3.315 Bund/1.000 Land). Die Erhöhung der Bausumme wurde wegen vorher nicht erkennbarer Sachverhalte und der auch damit verbundenen Verlängerung der Bauzeit notwendig. Derzeit ist mit einer Wiedereröffnung für die Spielzeit 2021/22 zu rechnen.

Quelle: Theater Rudolstadt/Presse- und Öffentlichkeitsarbeit