Filmgespräch mit Roman Grafe - dem Autor des Buchs "Die Grenze durch Deutschland"
"Die Themen Freiheit, Grenzschutz und Demokratie sind hochaktuell", so der Rudolstädter Bürgermeister Jörg Reichl und Beigeordnete Almut Steinmnetz - und deshalb hatte die Stadt Rudolstadt am 1. November eine Delegation aus der Stadt Bayreuth anlässlich des 29. Jahrestags der Grenzöffnung ins Rudolstädter Kino Cineplex eingeladen. Auf dem Programm stand eine besondere Filmvorführung des in der Region gedrehten Films "Ballon" von Bully Herbig. Damit wurde der Tagesausflug im Cineplex-Filmcafe zum besonderen Erlebnis für die Bayreuther Gäste. BG-Fraktionsvorsitzender Stephan Müller überbrachte nicht nur die Grüße von Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe - er hatte mit dem neuen Bayreuther Wimmelbuch auch ein besonderes Gastgeschenk dabei, "das wäre doch auch was für Rudolstadt." Erfreut begrüßte das Rudolstädter Cineplex-Team die Bayreuther Gäste, "schließlich steht unser Mutterhaus ja in Bayreuth".
Vor 39 Jahren - im Jahr 1979 - war den Familien Strelzyk und Wetzel aus Pößneck die wohl spektakulärste Flucht aus der DDR geglückt - unmittelbar bei Naila war der Ballon gelandet. Die damals entstandene Hollywood-Verfilmung "Mit dem Wind nach Westen" ist heute noch auf DVD erhältlich - aber es dauerte fast 30 Jahre nach der Grenzöffnung, bis sich mit Michael Bully Herbig ein deutscher Regisseur des Themas annahm. Ursprünglich war zum Filmgespräch auch Petra Wetzel erwartet worden, die sich mit ihrem Mann Günter Wetzel nach der gelungenen Flucht in Betzenstein angesiedelt hatte, die aber kurzfristig absagen musste.
Das Filmgespräch mit einem hoch interessierten Publikum bestritt dann mit Roman Grafe ein mindestens ebenbürtiger Zeitzeuge und Fachmann allein. Den meisten Bayreuthern war der Autor und Filmemacher bislang nicht bekannt - obwohl er mit seinem Buch "Die Grenze durch Deutschland" ein Standardwerk zum Thema geschrieben hat. In der Region Saalfeld-Rudolstadt ist der im Jahr 1988 aus der DDR nach Bayern umgesiedelte Autor bestens bekannt - hatte er doch in seinem Buch den Schwerpunkt auf das Geschehen in der oberfränkisch-thüringischen Grenzregion um Probstzella und Ludwigsstadt gelegt. Als profunder Kenner der deutsch-deutschen Grenzgeschichte bewertete er den Film "sehr ehrlich, er fängt stark an und hört stark auf", gebe das Geschehen sehr realistisch wieder, "wenn auch das Finale wie in dem Hollywood-Film dramaturgisch übersteigert war". Der Film biete stimmige und intelligente Dialoge, sei gut gespielt und hebe sich von den sonstigen Filmproduktionen über die Zeit ab, an denen Grafe etwa das "Lügenmärchen vom guten Grenzsoldaten" kritisiert.
Die Geschichte der Pößnecker Ballonflucht hatte Grafe bereits in den 1990er Jahren für sein Buch recherchiert und dafür insbesondere die Akten aus dem Staatsarchiv in Rudolstadt ausgewertet - so trug er das Kapitel aus seinem Buch als Einstieg in die lebhafte Diskussion vor, in der den Gästen des Filmgesprächs auch neue Einsichten in die Arbeit der Grenztruppen vermittelt wurden. Immerhin sechs spannende und angenehme Stunden verbrachten die Bayreuther so im Rudolstädter Kino, die von der Rudolstädter Einladungsinitiative sehr begeistert waren.
Martin Modes