Rund 50 Gäste folgten am vergangenen Sonntagvormittag der Einladung des Bürgermeisters Jörg Reichl zum inzwischen traditionellen "Wirtschaftspolitischen Frühschoppen" auf dem Rudolstädter Vogelschießen. Wie erstmals im Jahr zuvor fand die Veranstaltung wieder in "Brömels Sommerfrische" statt, wobei die Zahl der Vertreter aus dem Bereich Politik deutlich gegenüber derjenigen aus der regionalen Wirtschaft überwog. So war es dann hin und wieder unterschwellig spürbar, dass man sich in Wahlkampfzeiten befindet, denn es hatten sich im Zelt auch einige Kandidaten verschiedener Parteien für die Bundestagswahl im September eingefunden.
Als Gesprächspartner standen Bürgermeister Reichl der wirtschafts- und wissenschaftspolitische Sprecher der CDU-Fraktion im Thüringer Landtag, Prof. Mario Voigt, Stadtratsvorsitzender und MdL Herbert Wirkner sowie Matthias Fritsche, Geschäftsführer der regionalen Wirtschaftsförderagentur im Städtedreieck zur Seite. Der Bürgermeister erläuterte eingangs die aktuelle Haushaltssituation der Stadt und verwies dabei auf das Defizit, das durch Einsparmaßnahmen leider nicht mehr kompensiert werden kann. Zum Doppelhaushalt 2016/17 konnte die Kommune im vergangenen Jahr noch sehr gute Einnahmen aus der Gewerbesteuer verbuchen. In diesem Jahr sind diese allerdings mit Ausfällen in Millionenhöhe verbunden. Grund dafür, das merkte Reichl auch kritisch in Richtung der anwesenden Bundes- und Landespolitiker an, seien quasi die steuerrechtlich wohl möglichen "Nullmeldungen" einiger großer, ortsansässiger Firmen, die Gewinne in Rudolstadt erwirtschaften ihren Hauptsitz aber in den alten Bundesländern haben. Des Weiteren informierte er über derzeit laufende Maßnahmen und Planungen zur Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur, über den Zeitplan für den Hotel-Neubau im Stadtzentrum sowie unter anderem über die geplanten Investitionen zur Erweiterung der Firma Aeropharm mit den damit verbundenen ca. 400 neuen Arbeitsplätzen.
MdL Prof. Voigt machte auf die wirtschaftliche Stärke Deutschlands und dabei auch auf die Vorteile der Ostthüringer Region aufmerksam. Im Anschluss erläuterte er in einem längeren Vortrag, worauf es bei der weiteren Entwicklung ankommt, nämlich auf die vier "I" – Infrastruktur, Investitionen, Internationalität und Innovationen. Auch die dabei sehr wichtigen Bereiche des notwendigen Breitbandausbaus, der Lösung des Fachkräfteproblems und der Gebiets- und Funktionalreform sparte er nicht aus. Themen, zu denen sich später in der Debatte viele andere Redner teils auch kontrovers äußerten. Matthias Fritsche von der WIFAG benannte die Situation der Wirtschaft und des Handwerks im Landkreis als sehr komfortabel. Die Investitionstätigkeit habe spürbar zugenommen, der Industrieumsatz sei leicht gestiegen und die Exportquote liege bei fast 40 Prozent, das sei höher als der Durchschnitt. Er wies allerdings auch auf die Probleme der finanziellen Förderung beim Breitbandausbau sowie auf das merkbare Fehlen von Facharbeitern hin.
In der anschließenden, mehr als zweistündigen Diskussion spielten neben verschiedenen Meinungsäußerungen zu den bereits genannten Themen auch die Probleme der zukünftigen Bahn-Anbindung des Städtedreiecks eine größere Rolle. Für eine Verbesserung müsse auf jeden Fall parteiübergreifend gekämpft werden.
Insgesamt war dieser Frühschoppen auf dem Rummelplatz, zu dem man sich etwas mehr interessierte Gäste und Fragensteller gewünscht hätte, dennoch sehr informativ und kurzweilig.
Frank Michael Wagner
Pressereferent
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