»Mich ruft die Weltgeschichte!« Mit dieser kämpferischen Devise von Friedrich Schiller aus »Don Carlos« überschreibt das Theater Rudolstadt die kommende Spielzeit. Das Motto soll nicht nur an den utopischen Anspruch eines Einzelnen erinnern, sondern ebenso auf unsere medial vernetzte Welt mit all ihren unausweichlichen Konsequenzen hinweisen. Bei der Jahrespressekonferenz am 12. April stellten Intendant Steffen Mensching, Chefdirigent Oliver Weder und Chefdramaturg Michael Kliefert die Spielzeit 2016/17 vor. Geplant sind insgesamt 21 Premieren, eine Reihe von Konzerten für unterschiedliche Zielgruppen und ein breitgefächertes Angebot für Kinder und Jugendliche. Bekannt gegeben wurde außerdem die Bewilligung der Fördersumme von circa neun Millionen Euro aus Mitteln des Freistaates Thüringen und des Bundes für die umfangreichen Sanierungsmaßnahmen am Zuschauerbereich des Großen Hauses. Über den geplanten Umzug ins Stadthaus, der Interimsspielstätte ab Januar 2017, und die Zahlen der letzten Saison informierte Verwaltungsdirektor Matthias Moersch.
Herausragend unter den Premieren ist in der kommenden Saison zum großen Reformations-Jubiläumsjahr die Deutschsprachige Erstaufführung des Schauspiels »Die Bibel« (Premiere am 28.01.17, Regie: Alejandro Quintana) des schwedischen Autors Niklas Rådström. Man muss kein Religionswissenschaftler sein, um zu erahnen, welche Brisanz ein solch weltgeschichtlicher Stoff hat. Das großdimensionierte Stück, nah an der uralten Vorlage und doch höchst gegenwärtig, erzählt von der Kraft des Glaubens, aber noch viel mehr von der blutigen und gewalttätigen Spur, die sich durch die Geschichte der Menschheit zieht. Es ist zugleich die erste Premiere im Theater im Stadthaus, der Interims-Spielstätte. Eröffnet wird die Spielzeit mit der Schauspiel-Orchester-Revue »Das muss ein Stück vom Himmel sein« (Uraufführung am 24.09.16, Regie: Steffen Mensching) über das Leben von Werner Richard Heymann, der in den Goldenen Zwanzigern mit Hits wie »Ein Freund, ein guter Freund« weltberühmt wurde. Liebhaber anspruchsvollen Unterhaltungstheaters werden mit »Das Glas Wasser« (Premiere am 12.11.2016, Regie: Herbert Olschok) von Eugène Scribe und »Dinner for One – Killer for Five« (Premiere am 25.03.2017, Regie: Andreas Rehschuh), einer Kriminalkomödie von Gerold Theobalt nach dem Roman von Michael Koglin, auf ihre Kosten kommen. Mit »Die Wiedervereinigung der beiden Koreas« (06.05.2017, Regie: Jens Schmidl) kommt einer der bedeutendsten französischen Gegenwartsautoren auf die Rudolstädter Bühne. Joël Pommerats Beziehungskaleidoskop ist erst auf den zweiten Blick ein politisches Stück, als vielmehr ein Ausflug in die absurd-abgründigen Zonen zwischen Mann und Frau.
Ein verstörendes Rechercheprojekt über die rassistisch motivierte Mordserie des NSU und das folgenschwere Versagen der Ermittlungsbehörden, das seine Wirkung allein durch eine kluge Aufarbeitung der bis dato ermittelten Fakten erzielt, ist »Auch Deutsche unter den Opfern« von Tugsal Mogul. Es kommt Ende September als einmalige szenische Lesung auf die Bühne.
Zum Spielzeitabschluss ist beim Sommertheater auf der Heidecksburg erstmals ein Stück des österreichischen Dramatikers Johann Nestroy zu erleben. Die Posse »Umsonst« (Premiere am 23.06.2017, Regie: Matthias Thieme) spielt in einer Kleinstadt mit Schauspielern als Hauptakteuren, wo jugendlicher »Sturm und Drang« mit Schillerschem Pathos gegen väterliche Bevormundung ins Felde zieht – ein Verwirrspiel mit Happy End.
Während der Theaterumbau für das Schauspiel-Publikum kaum spürbar wird, sollten sich Musikfreunde von Beginn der Spielzeit an auf größere Veränderungen einrichten. Dank der Unterstützung der Stadt Saalfeld können sowohl die Sinfoniekonzerte als auch das Opernprogramm ausschließlich im akustisch hervorragenden Meininger Hof in Saalfeld zur Aufführung kommen, so unter anderem in fortgeführter Kooperation mit dem Theater Nordhausen eine »Große Operngala« (Premiere am 08.10.2016), wo sich das neue Sänger-Ensemble vorstellt, und »Salome" (Premiere am 08.04.2017) von Richard Strauss sowie Puccinis »La Bohème«. Eigens szenisch für den Meininger Hof eingerichtet ist Rossinis »Aschenputtel«-Oper »La Cenerentola« (Premiere am 11.02.2017, Regie: Daemon Nestor Ploumis) in Kooperation mit dem Lyric Opera Studio Weimarer. Für die Zuschauer aus Rudolstadt wird dazu eigens ein Bustransfer angeboten. Als Ballettproduktion ist der Doppelabend der beiden Choreografen Ivan Alboresi und Pedro Lozano Gómez »Die Seele erzählt nicht, sie tanzt« (Premiere am 22.04.2017) hingegen im Theater im Stadthaus Rudolstadt zu sehen.
Höhepunkte im Konzert-Bereich kündigen sich u. a. mit den beiden Pianisten Lev Vinocour im 1. Sinfoniekonzert (16./17.09.2016) und Dénes Várjon im 4. Sinfoniekonzert (20./21.01.2017) an. Ein außergewöhnliches Programm kommt im 3. Sinfoniekonzert (02.0/03.12.2016) unter dem Titel »Faszination Tango« zur Aufführung. Werke von Piazzolla und anderen Größen werden von einer Tango-Show der Tänzer Trinidad Arfò, Sonja Schuessler und Özgür Arin begleitet. Die Reihe der Schlosskonzerte im Rokokosaal der Heidecksburg und in der Schlosskapelle in Saalfeld wird mit Werken vom Barock bis ins 20. Jahrhundert fortgeführt. Zum äußerst gefragten Silvesterkonzert, das unter dem Titel »American Songbook« mit Musik von Gershwin und Co. auch in diesem Jahr zweimal erklingt (15 und 19 Uhr), gesellt sich in der Stadthalle Bad Blankenburg der zweite festliche Orchesterball der Thüringer Symphoniker mit dem Motto »Tanz in den Mai«. In der Reihe der Open-Air-Konzerte sind u. a. eine große Operngala auf der Heidecksburg, das beliebte Schwimmbadkonzert in Unterwellenborn und die traditionellen Serenadenkonzerte in der Klosterruine Paulinzella zu finden.
Die beiden ersten Premieren im Schminkkasten widmen sich zwei Großmeistern des Lachens mit Mehrfachbegabung und Hang zu philosophischem Tiefsinn. Auf »Eins, zwei, drei im Sauseschritt« – Die Kabinettstücke des Wilhelm Busch« (Premiere am 17.09.2016, Regie: Alexander Stillmark) folgt der Heinz-Ehrhardt-Abend »Danke für das Geräusch!« (Premiere am 05.11.2016, Regie: Markus Fennert). Die Aufführung von Ingmar Bergmanns berührendem Kammerspiel »Szenen einer Ehe« nach dem gleichnamigen Film bildet dann den Abschluss der Neuinszenierungen in der beliebten Spielstätte.
Im Bereich des Kinder- und Jugendtheaters wartet das Theater Rudolstadt in der kommenden Spielzeit mit einem Märchen aus dem Nah-Östlichen-Kulturkreis auf: »Aladin und die Wunderlampe« (Premiere am 29.11.2016, Regie: Arnim Beutel) in einer Fassung von Rosemarie Vogtenhuber. Im theater tumult sind u. a. »35 Kilo Hoffnung« (Premiere am 15.09.2016, Regie: Kai Festersen), ein Jugendstück ab 10 Jahren von Anna Gavalda über das Schulversagen, und »Rakete« (Premiere am 16.03.2017, Regie: Sebastian Stefan Golser), ein Jugendstück ab 14 Jahren über Flucht und Flüchten von Enver Husi?i?, im Programm sowie der TheaterJugendClub mit zwei Produktionen.
Die beiden Puppenspieler Susanne Olbrich und Peter Lutz werden nach den Erfolgen von »Peter und der Wolf« oder »Das Katzenhaus« ihr nunmehr viertes gemeinsames Theaterkonzert mit den Thüringer Symphonikern als Uraufführung auf die Bühne bringen: »Mein kleiner Bruder Amadeus – Mozart für Anfänger!« (Premiere am 26.04.2017) erzählt von dem Wunderknaben und seiner Musik aus der Sicht seiner älteren Schwester Nannerl. Weitere musikalische Angebote für Kinder und Jugendliche sind die beliebten »Kinderliederkonzerte« für Kinder ab drei Jahren, die legendäre »Zukunftsmusik« zusammen mit Musikschülern aus der Region und die moderierten Generalproben zu Sinfoniekonzerten. In kleineren Besetzungen werden die Thüringer Symphoniker auch in der kommenden Spielzeit wieder in die Schulen gehen, um dort den Musikunterricht zu bereichern.
Verwaltungsdirektor Mathias Moersch zog eine positive Bilanz der Spielzeit 2014/15. Die insgesamt 485 Vorstellungen konnten circa 83.000 Besucher erreichen. Dies entspricht einer Auslastung von rund 87 Prozent über alle Spielstätten. 5000 Besucher sahen das Sommertheater »Der falsche Don Juan« auf Schloss Heidecksburg und in Bad Lobenstein, was einer Auslastung von 100 Prozent entspricht. Eine ebenso hohe Auslastung erreichten im Großen Haus: »Giselle«, »Faust_Eins«, „Die lustigen Weiber von Windsor« oder etwa »Singin‘ in the rain«. 8700 Besucher konnte das Weihnachtsmärchen »Schneewittchen oder die zwei Zwerge« bei 37 Vorstellungen allein in Rudolstadt und Saalfeld verzeichnen. Den Silvesterabend 2015 mit zwei Silvesterkonzerten in der Stadthalle Bad Blankenburg sowie zwei Schauspielvorstellungen im Großen Haus und im Schminkkasten erlebten 2.000 Besucher. Ebenfalls erfolgreich verlief die Kooperation mit dem Theater Nordhausen. In den Spielstätten Nordhausen und Sondershausen wurde das Schauspielangebot von rund 9.200 Besuchern gesehen. Darüber hinaus konnte eine Doppel-CD mit der Schauspielmusik zu »Faust I« von Eduard Lassen produziert werden, die bei H.A.R.M.S erschienen ist.
In der Spielzeit 2016/17 wird nun die Sanierung des Zuschauerbereichs des Großen Hauses mit einer Fördersumme von ca. 9 Mio. Euro begonnen. Die finanziellen Mittel werden aus dem Förderprogramm »Kulturellen Hilfsprogramm – Hochwasser 2013«, welches zur Hälfte aus Mitteln des Freistaates Thüringen und des Bundes finanziert wird, bereitgestellt. »Nur durch die aktive Unterstützung des Freistaates Thüringen ist diese wichtige Maßnahme für uns realisierbar«, so der Verwaltungsdirektor Moersch. Während der Zeit des Umbaus zieht das Theater Rudolstadt, vornehmlich mit den Schauspiel- und Ballettproduktionen, ab Januar 2017 für insgesamt zwei Spielzeiten in das Theater im Stadthaus, das für diesem Zweck teilsaniert wurde. Sowohl die Bühnenmaße als auch die Platzkapazität des Zuschauerraumes sind mit denen im Großen Haus identisch.
Quelle: Presse/ÖA Theater Rudolstadt
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