Banner am Rudolstädter Rathaus. Foto: Michael Wirkner

Emil Hartmann. Foto: Archiv

Emil Hartmann: Architekt der Demokratie

Die Gründungsväter Thüringens sind heute weithin unbekannt

Vor 100 Jahren vereinigten sich sieben Kleinstaaten zum neuen Land Thüringen. Dieser tiefgreifende Wandel vollzog sich nach dem Ersten Weltkrieg in mehreren Schritten. Ein wichtiger Schritt im Rahmen der Vereinigung war der Amtsantritt der ersten Regierung des neuen Landes: Am 10. November 1920 wurden die Mitglieder des Staatsministeriums, wie das Gremium damals hieß, vom Thüringer Landtag gewählt. Die Regierung war einerseits regional ausbalanciert – jeder Teilstaat war in ihr vertreten. Andererseits handelte es sich um eine Minderheitskoalition aus SPD und linksliberaler DDP, die von der USPD toleriert wurde. Vorsitzender des Staatsministeriums war Arnold Paulssen.

Den 100. Jahrestag dieses Ereignisses nimmt der Weimarer Republik e. V. zum Anlass, um im Jubiläumsjahr noch einmal in besonderer Weise auf jene Personen hinzuweisen, die den erfolgreichen Vereinigungsprozess Thüringens gestaltet haben. Sie sind weithin in Vergessenheit geraten – und haben es doch verdient, für ihr Engagement gewürdigt zu werden. Denn der freiwillige Zusammenschluss der sieben Kleinstaaten auf demokratischer Grundlage gilt als einzigartige Leistung in der deutschen Geschichte – die umso größer erscheint, wenn man die Rahmenbedingungen der damaligen Zeit berücksichtigt, mit Grippepandemie, Nachkriegswirren, wirtschaftlicher Not.

Auch wenn 1920 Frauen bereits wählen durften und auch gewählt werden konnten, lag der Thüringer Vereinigungsprozess doch vollständig in Männerhand. Zehn Politiker haben Christian Faludi und Stephan Zänker vom Weimarer Republik e. V. für eine öffentlichkeitswirksame Aktion herausgesucht. Ihnen sind acht Quadratmeter große Banner gewidmet, die ab 10. November an öffentlichen Gebäuden in neun Städten zu sehen sind.

Am Rudolstädter Rathaus hängt seit heute der für Rudolstadt wichtige Mann Emil Hartmann. Emil Hartmann wurde 1868 in Bremsnitz, Herzogtum Sachsen-Altenburg (heute Saale-Holzland-Kreis) als Sohn des Maurers Ernst Ludwig Hartmann und Ernestine Rosine Hartmann geboren. Nach dem Besuch der Volksschule in Bremsnitz, Neustadt an der Orla und Rutha begann Hartmann 1882 eine Tischlerlehre und Besuchte die Fortbildungsschule. Seit 1895 arbeitete Emil Hartmann als Tischler in Schwarzburg-Rudolstadt und seit 1896 bei Tischlermeister Pfotenhauer in Rudolstadt. Hier lernte Hartmann auch seine spätere Frau Marie Anna Schlegel kennen. Die Beiden heirateten noch im Juli 1896. Wenige Monate später wurde Hartmann in den Staatsverband Schwarzburg-Rudolstadt aufgenommen, behielt aber seine Sachsen-Altenburgische Staatsangehörigkeit. 1898 machte sich Hartmann als Lagerhalter selbstständig. Seit 1907 war er auch Geschäftsführer beziehungsweise Vorstandsvorsitzender des Konsumvereins Rudolstadt. Die mittlerweile zum Konsumverein „Saale“ zusammengeschlossenen Konsumvereine von Rudolstadt, Volkstedt, Schaala, Bad Blankenburg, Unterwirbach, Kaula, Bucha, Großkamsdorf und Goßwitz erwarben 1913 die Brauerei Watzdorf, deren erster Geschäftsführer Emil Hartmann wurde.

Hartmann war Mitglied der SPD und hatte mehrere wichtige politische Ämter inne. So war er unter anderem von 1902 bis 1905 und von 1909 bis 1923 Mitglied des Schwarzburg-Rudolstädtischen Landtags, beziehungsweise der Gebietsvertretung Rudolstadt, Mitglied des Landtags Thüringen von 1920 bis 1933 und Thüringischer Finanzminister von 1921 bis 1924. In Rudolstadt trägt die Emil-Hartmann-Straße im heutigen Stadtteil Schwarza seinen Namen.

Weitere ausgewählte Persönlichkeiten sind August Baudert und Arnold Paulssen aus Weimar, Wilhelm Bock aus Gotha, William Oberländer aus Greiz, Carl von Brandenstein aus Gera, Ludwig von Türcke aus Meiningen, Harald Bielfeld aus Sondershausen, August Frölich aus Altenburg und Eduard Rosenthal aus Jena.

Unter dem Titel „Architekten der Demokratie“ ist auch eine Broschüre erschienen, die die Biografien der Akteure erzählt und eine Reihe zeitgenössischer Fotos enthält. Die Broschüre kann im Internet unter www.thueringen100.de eingesehen werden. Das Projekt wird von der Thüringer Staatskanzlei gefördert und von den Aushangorten unterstützt.


Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Stadt Rudolstadt
in Zusammenarbeit mit
Weimarer Republik e. V.