Im Rahmenprogramm des diesjährigen Rudolstadt-Festivals gibt es wieder mehrere Begleitschwerpunkte. Zum Thema "Kulturerbe Arbeiterlied" wird ab 29. Juni bis 29. Juli 2018 in der Gewölbehalle auf Schloss Heidecksburg eine Ausstellungen zu sehen sein.
Arbeiterlieder sind etwas Historisches, und die Zeit Verklärung der Arbeiterlieder ist es mittlerweile auch. Mit heutigem Wissen und Hörerfahrungen wirken Arbeiterlieder eher skurril: Pathos und martialische Phrasen, Kampf und Tod, Sonnen- und Nacht-zum-Licht-Metaphorik, zugleich aber so allerlei Kitsch und Nachahmung bürgerlicher Gemütlichkeit. Ein Erbe bereichert uns eigentlich, auch immaterielles Erbe, aber was gibt's hier zu erben? Das Material ist oftmals unbeabsichtigt komisch, und nicht selten nach heutiger Political Correctness eigentlich inakzeptabel. Die zugeschriebene Progressivität ist keineswegs so offensichtlich vorhanden. Und doch ist sie da. Nur bringt es nichts, sie hinter verklärender sozialistischer Siegesromantik oder Nostalgie zu verschleiern. Die Lieder - ihre musikalischen, grafischen, lyrischen Ausdrucksformen - sind spannende historische Dokumente. Sie vermitteln historische Erfahrung. Sie vermitteln ein emotionales Wissen über Zeitumstände, über Machtverhältnisse (krasse Armut, Unterdrückung) und über Veränderungswillen (Hoffnungen, Ideen, Illusionen; Erfolge und Niederlagen). Sie vermitteln Dinge, die durch Datenwissen nur bedingt erfassbar sind. Arbeiterlieder, die die Menschen zu engagiertem Handeln mobilisiert haben, sind zwar nicht zwingend demokratisch und "richtig", aber trotz alledem progressiven Ideen zugehörig.